Nach Monaten der Vorbereitung ging am 6. November der zweite Game Day «Screens of the Future» im Rahmen des Internationalen Film Festivals Tous Ecrans in Genf über die Bühne mit spannenden Themen und ebensolchen Rednern.
Der Tag wurde mit dem ersten Game Pitch eröffnet, bei dem Schweizer Game Designer erstmals die Gelegenheit hatten, ihre in Entwicklung befindlichen Spiele einem breiteren Publikum zu präsentieren. Mit von der Partie waren auch Sachverständige aus dem Bereich digitale Unterhaltungsmedien und Wirtschafts- und Innovationsförderung: Sylvain Gardel (Leiter Impulsprogramme, Pro Helvetia), Didier Mesnier (Executive Officer, Alp ICT), Daniel Sciboz (Leiter des Master-Lehrgangs Media Design, Haut Ecole d’Art, Genf) und meine Wenigkeit. Vorgesehen war auch die Teilnahme von Chris Bergstresser, Marketing Director und VP von Miniclip, aber leider hatte er eine Business-Feuerwehrübung, die zu spät kommen liess.
Nichts desto trotz präsentierten die fünf im Vorfeld ausgewählten Designerinnen und Designer sehr verschiedene Projekte, an denen sie gerade arbeiten. Eröffnet wurde der Pitch mit «Don’t Kill Her» von Jeremy Cuany aka Wuthrer, Toni Fisler und Lowys Rouge. Das sehr simple in einem fast kindlichen Bleistif-Skizzen-Look gehaltene Szenario lebt von einem eigenen Charme und schrägen Witz. Für Wuthrer ist «Don’t Kill Her» weniger ein Game als eher ein Experiment, bei dem es viel zu entdecken gibt. Die Präsentation von Cuany war ebenso originell wie clever gemacht. Das Spiel soll im Frühjahr 2014 kostenlos erscheinen.
Mit «Elarooh» wurde ein handgemaltes Abenteuerspiel gezeigt, das insbesondere Familien ansprechen soll. Das von den «Grooh»-Produzenten Digidingo unterstützte Projekt verströmt etwas märchenhaftes, wie Philomena Schwab zu Recht festhielt. Sie stand stellvertretend für Jann Sigrist, Robin Bornschein, Markus Rosse, Gian Jenal und Beat Kunz auf der Bühne. Bei der Präsentation wirkte Philomena etwas verkrampft und vermochte sie nicht von der durchschnittlichen Form zu lösen. Da dürfte noch einiges an Potenzial drin sein, denn das Spiel ist sehr schön gemacht und braucht sich nicht zu scheuen, das auch entsprechend hervorzuheben.
Viele interessante Ideen stecken in «Oneiroi», einem Projekt aus dem Gamelab der ETH von Aniruddha Loya und seinem Team. Dass sich Morpheus und Phobetor um die Träume der Menschen streiten, ist eine dankbare Ausgangssituation für ein kurzweiliges Echtzeitstrategie-Spiel. Leider ist deren grafische Umsetzung wenig ansprechend und müsste dem zugrunde liegenden Spielprinzip angepasst werden.
Mit «Sam’s Chronicles» des Studios Witchlake aus Peseux NE kam der unbekannteste der fünf Titel auf die Bühne. Hinter dem ominösen Namen stecken die Brüder Stephane und Romane Donnet sowie Swan Keller, Vincent Poittevin, Nibe Mbumba Oana Lacroix und Jonathan Charnas. Sie zeigten eine ebenso aufwändige wie professionelle Präsentation ihres spannenden Game-Projekts, in dem ein Teddybär es mit den Alpträumen seines Besitzers aufnimmt. Bis dato wurde alles aus der eigenen Tasche finanziert, aber nun hoffen sie auf Unterstützung über die Crowdfunding-Platform Gambitious. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass «Sam’s Chronicles» einen substantiellen Teil der Produktionskosten auf diese Weise hereinholen wird. Talent haben die Jungs offensichtlich.
Nach dieser überzeugenden Präsentation und einem überraschend ausgereiften Spieldesign war es für Game-Designer und für Schweizer Verhältnisse Routinier Jeremy Spillmann nicht einfach, den Preis für den besten Pitch zu holen. Mit «The Highest Heart» hat Spillmann einen solide gemachten Strategie-Puzzler in gewohntem Design, das sich nahtlos in die früheren Games von ihm einreiht. Die Geschichte des vogel-ähnlichen Wesens Eyris, das noch nicht einmal geschlüpft aus dem Nest gestossen wird, hat etwas ergreifendes. Sie will wieder nach oben, doch mit nur einem Bein und einer beschränkten Anzahl Flügelschläge ist dies nicht einfach. «The Highest Heart» fügt sich in die von Jeremy Spillmann von Beginn weg konzipierte Trilogie ein. Dieser Kontextbogen ist ein starkes erzählerisches Element, weshalb Spillmanns Titel nur knapp den ersten Platz verpasst hat und mit einer «honorary mention» ausgezeichnet wurde.
«Sam’s Chronicles» gewann den ersten Game Pitch am Game Day. Der Preis in der Höhe von 1500 Franken wurde von Didie Mesnier von Alp ICT gestiftet und übergeben. Er ist als Unterstützung gedacht, wenn das Witchlake-Team z.B. an der Tokyo Game Show oder einem ähnlichen Anlass teilnehmen möchte. An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal bei Alp ICT für den Support des Game Pitch bedanken.
Vom simplen Rätsel zum virtuellen Schlachtfeld
Nach dem erfolgreichen «Schweizer» Kickoff am Vormittag wurde der internationale Teil von Prof. Linda Breitlauch von der GA Hochschule der Digitalen Gesellschaft, Berlin, eröffnet mit einem Einführungsreferat zu Game Design für verschiedene Bildschirme. Anhand von diversen Beispielen veranschaulichte Europas erste Professorin für Game Design in «Game Design Evolved – Integration of Multiple Screens» wie heute verschiedene Platformen eine entsprechende Rolle in diversen Games übernehmen.
Als Vertreter des Gastlandes Grossbritannien gewährte Barry Meade, Commercial Director und Gründungsmitglied von Fireproof Games, einen Blick hinter die Rätsel von «The Room». Dabei schilderte der passionierte Gamer, warum es zur Ablösung von Criterion Games («Burnout»-Serie, «Black») kam und zur Gründung von Fireproof Studios. Meade machte klar, dass bei Fireproof Games eine eingeschworene Bande Idealisten am Werk ist, die einzig darauf aus ist, das beste Spiel zu machen und nicht bloss Geld zu verdienen. Überraschend war, dass bloss zwei Leute an «The Room» während sechs Wochen arbeiteten, ein iPad-Spiel, das zu Recht mit unzähligen Preisen überhäuft wurde.
Den grossen Knaller zum Schluss lieferte «Battlefield 4», präsentiert vom jungen Produzenten Jesper Nielsen von Dice. Nielsen erklärte den Commando-Mode, eine Integration von weiteren Bildschirmen und Spielvariationen im grossartigen FPS-Epos, das dank der Frostbite-3-Engine unglaubliche Grafiken und zerstörbare Umgebungen bietet. Der Däne im schwedische Entwicklerstudio zeigte auch, mit wie viel Engagement und Leidenschaft im hohen Norden Games entworfen und umgesetzt werden. Dabei präsentierte er auch einen knappen Rückblick über die über 20-jährige Geschichte des Studios und der Bedeutung der «Battlefield»-Serie.
Enter Gaming Federation
Die frisch gegründete Gaming Federation der Schweiz unter dem Präsidium von Niels Weber machte den spielerischen Teil des Game Day möglich. In der Maison du Grütli empfingen sie in der Cloud Game-Interessierte und solche, die es werden wollten, um ihnen in «Games vs. Movies – Discover the Parallels» auf Tablets und PC die Parallelen zwischen Computerspielen und Spielfilmen szenenweise näher zu bringen. Gleichzeit fand auch die erste Miniclip-Competition statt. Ziel war es das beste Highscore des Tages auf einem Miniclip-Game zu erreichen. Als Preis winkte ein schicker Tablet PC, zur Verfügung gestellt von Miniclip. Gewonnen hat ihn eine junge Dame aus der Region Genf. Als verbindendes Element zwischen der Maison du Grütli und dem Athenée 4, wo das Workflow-Programm durchgeführt wurde, war die stündige Game-Trailer-Montage «In the Cut – Spotlight on Game Trailers», welche die Qualität der Cutscenes und eben Vorfilme für Videospiele augenfällig vorführte.
An dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank an alle, die den Game Day unterstützten! Game on.