Mit viel Witz und Charme eröffnet Frédéric Panaïotis, Kellermeister von Ruinard, das älteste Champagner-Haus der Welt, den Abend im Dolder Grand. «Meet the Winemaker» heisst das Motto. Dem folgen wir gerne.
Gemäss einer Meldung in der Handelszeitung sollen die Importe von Champagner in die Schweiz gegenüber dem Vorjahr 2012 um 5,8 Prozent zurückgegangen sein. Damit rutscht die Schweiz auf den Charts mit den wichtigen Handelspartnern der Sprudelproduzenten weiter ab und wurde von Australien überholt, das nun auf Platz 7 liegt. Immerhin wurden 5,355 Mio. Flaschen importiert, was auch nicht gerade wenig ist für ein so kleines Land wie die Schweiz.
Wie viele davon auf Ruinart, das älteste Champagner-Haus der Welt, entfallen sind, lässt sich nicht sagen, ist doch der Name des traditionellen Produzenten eher Kennern und weniger der Masse bekannt, die gängige Bruts den Millésimés vorzieht.
Natürlich hat auch Ruinart einen Alltags-Champagner mit dem inspirierten Namen «R. de Ruinart», darüber witzelt gar Kellermeister Frédéric Panaïotis, der – wie er den geladenen Gästen versichert – durch und durch Franzose sei und bloss griechisch klinge. Obschon ein Massenprodukt scheint das R. für R-und zu stehen, denn so tritt der Bubbly an und passt hervorragend zu der Orangen-Fenchel-Suppe, die von kleinen Toast-Stückchen mit etwas Aioli begleitet wird.
Den Einstieg in das vorzügliche Abendessen im Dolder Grand aber machte ein Duett von Sesam ummanteltem blackend Tuna und einem reichen Rauchlachsfilet, das abgerundet wurde von einem Avocado-Mousse und mariniertem Ginger. Dieser hervorragenden Kombination setzte ein Ruinart Blanc de Blancs eine Zitrusnote entgegen, die bis ins Ingwerige spielte und damit die erste Vorspeise zu einem Hochgenuss werden liess. Der BdB sei die jüngste Ergänzung ihres Repertoires, verriet Panaïotis: «Das Ziel war es, einen reichen, fetten Champagner zu kreieren.» Das ist gelungen.
Der charmante Kellermeister weist auf die veränderten Bedingungen in der Folge der globalen Erwärmung hin und wie zusammen mit modernen Werkzeugen andere Weinstile entstehen. So hält Frédéric Panaïotis fest, dass der 1959 erstmals nur mit Chardonnay-Trauben aus Grand-Cru-Lagen produzierte Dom Ruinart «ein Werk der Natur» ist, während der R. de Ruinart eine Leistung seines Teams ist. Interessant ist auch, dass – mit Ausnahme des zum Apero servierten Champagners – der Perlwein nicht in Flutes serviert wurde. «Einen Dom trinkt man in einem grossen Glas wie einen grossen Wein», sagt denn auch Panaïotis.
Der Dom Ruinart 2002, der mit seiner feinen Perlage und komplexen Körper ein wahres Gedicht zusammen mit dem würzigen Seeteufel und Hummer auf Blumenkohl verfasst, wird einzig noch durch den Dum Ruinart Rosé Vintage 1998 getoppt. Trotz seines fortgeschrittenen Alters ist der Rosé herrlich frisch, ohne die Kiefermuskulatur zu stimulieren, wie dies oft bei Massenware der Fall ist. Für Kellermeister Panaïotis geht die Entstehungsgeschichte des Rosé möglicherweise auf ein Missgeschick zurück. Und Ruinart kann wohl von sich behaupten, dass sie die ersten waren mit dem farbigen Plus: 2014 blickt das Traditionshaus auf 250 Jahre Rosé-Champagner zurück. Ein weiterer Grund zum Feiern.
Zum Dessert, einem Dörrfrüchte-Clafoutis mit Lebkuchenmousse (nicht so mein Ding, aber ich mag ohnehin die wenigsten Desserts), passt ein Ruinart Rosé.
Das 1729 gegründete Champagner-Haus Ruinart hat es an einem sehr gelungenen Abend in einem gediegenen Rahmen vorgeführt, wie differenziert Champagner auftreten und mit den verschiedensten Goûts und Geschmäckern kombiniert werden können. Von Seiten des Dolder Grand wurde auf hohem Niveau gekocht, der Service war perfekt und hier liegt denn auch der einzige Kritikpunkt: Es fehlte an Charme, an Wärme beim Personal, das seinen Job sehr professionell und wie gesagt einwandfrei erfüllt hat, aber eben ein bisschen mehr Herz und Humor wären in dezenten Dosen bestimmt nicht schlecht. Schliesslich geht es auch in der Gastronomie um das Credo von Frédéric Panaïotis: «Make people happy!»