Das Comeback von HP in die Gamerszene führt über Design und den Omen X.
Zuerst das Logo, dann der Spectre und nun der Omen X. Hewlett-Packards Wille vorne mitzumischen ist ungebrochen.
Es ist ein Monolith. Ein Statement. Eine Kampfansage. Der Omen X ist ein gigantischer Würfel, der aussieht wie Darth Vaders Desktop Computer und über die Schlagkraft des Death Stars verfügt, wenn man kompetitives Gaming zum Ziel hat.
Für manche mag der Omen X überraschend kommen. Doch ähnlich wie Microsoft, die mit ihrer Surface-Linie Mut zum Design bewiesen und zu einer Begehrlichkeitsstrategie à la Apple gewechselt haben, möbelt Hewlett-Packard Schritt für Schritt ihren Auftritt auf. HP ist eines der grossen PC-Pionierunternehmen. Noch heute steht die Garage in Palo Alto, wo damals Bill Hewlett und David Packard die Firma 1939 mit einem Startkapital von 538 Dollar gründeten. Der Begriff «garage company» gehe auf diese Geschichte zurück, heisst es.
Während HP lange Zeit nicht gerade Synonym für Design und Innovation stand, sondern unspektakuläre Durchschnittsware auf den Markt warf, gab es im April 2016 einen Ruck durch das Fundament. HP präsentiert das neue Logo. Ein brillanter Wurf. Minimalistisch. Pur. Spannend dabei: Die Chefetage brauchte fünf Jahre, um sich zu diesem Entscheid durchzuringen. Vielleicht sollte einfach auch der Moment stimmen: Das «reduce to the max»-Logo zierte erstmals den Spectre 13, das hauchdünne und federleichte Spitzen-Laptop.
Die digitale Abbruchbirne
Während der Spectre mit minimalistischer Eleganz auftrumpft, galt beim Omen X die Devise: Klotzen, nicht kleckern. Schliesslich ging es um eine Rückkehr in den Gaming-Markt. Die Entwickler haben die «Vorgabe» durchaus wörtlich genommen. Der Omen X ist nicht einfach ein Gaming-Computer, sondern die Abbruchbirne, mit der das leicht angestaubte Image von HP zerschlagen wird: Der 50,42 x 40,6 x 51,53 cm grosse Würfe wiegt stattliche 28 Kilogramm! Man tut also gut daran, die Traglast des Arbeitstisches vorgängig abzuklären. Der von Windows 10 betriebene Kubus liegt nicht flach, sondern balanciert auf einer Kante, was auch bessere Kühlung verspricht. In den 4400 Franken teuren Monolith – Kilopreis knapp 160 Franken – hat HP in der Basisversion Hochleistungskomponenten wie einen Intel Core i7-Prozessor der 6. Generation, der flüssig gekühlt wird, und Dual-Grafikkarte Nvidia GeForce GTX 1080 (8 GB GDDR5X dediziert) verbaut.
Offen für Neues – ohne Werkzeuge
Wie es sich für einen richtigen Gaming-Computer gehört, bietet der Omen X zig Ausbau- und Individualisierungsmöglichkeiten. Der Zugriff auf das Innenleben des Würfels, dessen Chassis allein rund 600 Euro kostet, erfolgt ohne Werkzeuge. So ist von den internen Laufwerkeinschüben nur einer von vieren belegt. 8 USB 3.0 Anschlüsse und 2 USB 3.0 Type C stehen für weitere Peripherie bereit. Unterstützt wird die 3 TB grosse Harddisk von einem 512 GB umfassenden Solid State Speicher, der das Gerät binnen Sekunden aufstarten lässt. Diese Merkmale bringen es bereits mit sich, dass der mattschwarze Würfel, dessen Front LED-Beleuchtung sich individuell programmieren lässt, selbst bei grafikintensiven Games wie «Titanfall 2» oder «Gears of War 4» für ein flüssiges Spielerlebnis sorgt.
Die ruckelfreie Verarbeitung von Gameplay-Sequenzen in einer 4K-Auflösung von 4096 × 2160 Bildpunkten ist auch eine im E-Sports-Umfeld gern gesehene Leistung. «Der E-Sport wird klar von PC-Titeln dominiert», sagt denn auch Kai Bösch, Business Specialist Gaming bei Logitech, die Peripherie für ambitionierte Gamer wie mechanische Tastaturen und Gaming-Mäuse mit einer Signal-Rate von einer Millisekunde herstellen. «Zusammen mit den Streaming-Plattformen Twitch und YouTube wird den PC-Spielern auch ein einfacher Zugang zum Thema gewährt.» Dieses Zusammenspiel von führenden Game-Verlagen wie Blizzard, Valve und Riot Games mit besagten Online-Video-Portalen soll ein jährliches Wachstum von 30 Prozent im E-Sport-Bereich mit sich bringen, der gemäss Bösch von rund 150 Millionen Begeisterten weltweit verfolgt wird.
Innovationstreiber Gaming
Schon lange gilt das Gaming-Segment als Innovationstreiber des Consumer-Marktes. Während die Umsatzzahlen des weltweiten PC-Marktes gemäss den Marktanalysten von IDC 2016 wiederum rückläufig waren, gibt man sich beim High-End-Segment zuversichtlicher. Für die Grundfunktionen der digitalen Kommunikation – E-Mails schreiben, auf dem Internet surfen, Tabellenkalkulationen – tut es auch ein in die Jahre gekommener Computer. Doch sobald es in anspruchsvollere Bereiche wie Videobearbeitung, Virtual Reality oder eben Gaming geht, dann steigen die Anforderungen an die Hardware deutlich an. Bei First-Person-Shooters wie «Battlefield 1» können schnelle Prozessoren und Grafikkarten im wahrsten Sinne des Worts Match-entscheidend sein. «PC-Business-Software ist zum Verbrauchsgut geworden. Mehr Gewinnpotenzial ist bei Games zu finden», sagt Joost van Dreunen, Marktanalyst bei Superdata. «Das umfasst natürlich auch aufstrebende Technologien wie Virtual und Augmented Reality sowie interaktive Unterhaltung im Allgemeinen.»
Während 2016 gemeinhin als das Jahr der Virtual Reality gefeiert wurde, spiegelte sich der Enthusiasmus über die Innovationen nicht in den Umsatzzahlen wider. Den Grund sieht Analyst van Dreunen im schwachen Software-Angebot. Setzt man dieses in Relation zu den kostspieligen VR-Brillen, die nach einer entsprechend teuren und leistungsfähigen PC-Hardware verlangen, verwundert es nicht, dass die Verkaufszahlen hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind.
Doch nicht jeder ambitionierte PC-Gamer ist auf Hochleistungskomponenten à la Omen X angewiesen. Knapp 30 Prozent der Spieler, die den von monatlich 100 Millionen gespielten Titel «League of Legends» nutzen, tun dies auf einem Laptop. Zum Vergleich: 90 Prozent der «Battlefield 1»-Spieler brauchen gemäss Superdata einen Desktop. Im PC-Gaming-Markt hat eine Segmentierung selbst unter den Hardcore-Gamern stattgefunden. Der Stereotyp des PC-Gamers, der sich stets die schnellste Maschine kauft, hat Konkurrenz bekommen, und diese hat weniger hohe Ansprüche.