Das Spiel zum Film, das Game zur TV-Serie – in der Vergangenheit waren dies oft schmerzhafte Erfahrungen, die man als Fan gemacht hat. Dass es auch anders geht, hat das Studio Telltale Games bereits mit ihren stimmungsvollen Game-Episoden zur berüchtigten TV-Serie «The Walking Dead» bewiesen. Nun haben sie sich dem Intrigenhaufen in «Game of Thrones» angenommen und lassen die Spielenden von einer Zwickmühle in die nächste laufen.Die Drehungen und Wendungen, die Irrungen und Wirrungen in George R.R. Martins Fantasy-Epos «A Song of Ice and Fire» bilden die Vorlage für die Erfolgsserie «Game of Thrones», in der keine Episode ohne Mord, Sex und Gewalt über den Bildschirm zieht. Die Handlung auf die süffigen Komponenten zu reduzieren, ist aber verfehlt. Es sind die sich stets wandelnden Machtverhältnisse, das intrigante Paktieren, die Verschwörungen und natürlich die facettenreich gezeichneten Figuren, welche die Faszination für den Stoff ausmachen und eine begeisterte Fan-Gemeinde geschaffen haben.
Eine solche zu bedienen, ist alles andere als einfach, aber Telltale Games haben mit der Adaptation der ebenfalls hoch geschätzten TV-Serie «The Walking Dead» bereits einmal gezeigt, dass sie den Anforderungen gerecht werden können. Nach demselben Muster haben sie sich nun «Game of Thrones» angenommen. Die Handlung der ersten Game-Episode beginnt gegen Ende der dritten Staffel und verläuft parallel zur vierten.
Im Kapitel «Iron from Ice», das gut zwei einhalb Stunden dauert, schlüpft man in die Rolle des Knappen Gared, der Lord Forrester dient. Das Haus Forrester hält traditionsgemäss zur Familie der Starks, doch deren Macht und Einfluss ist geschwunden. Die skrupellosen Lanisters haben den Nordländern zugesetzt und Allianzen geschmiedet mit Geld und Intrigen. Einzig Tyrion, der zwergwüchsige Sohn des alten Lanister, – wie in der Serie gesprochen von Hollywood-Star Peter Dinklage – scheint noch einen Funken Anstand und Ehre in sich zu haben, wenn er sich nicht gerade mit Huren verlustiert. Dem Zwerg begegnet man als Mira Forrester, die als Zofe der künftigen Frau von König Geoffrey Lanister dient, einem widerwärtigen Schnösel.
Im Verlauf des Games, dem fünf weitere Episoden folgen werden, spielt man fünf verschiedene Figuren und versucht, das Haus Forrester vor dem Untergang zu retten. Das Spiel erweist sich als Dialog lastig, was in Anbetracht der Vorlage wenig verwundert. Das Spannende dabei ist, dass jede Entscheidung, die man unter Zeitdruck fällen muss, Konsequenzen nach sich zieht. Wer sich diplomatisch aus der Affäre ziehen will, wird als Drückeberger erneut aufgefordert, Stellung zu beziehen. Oft findet man sich in Zwickmühlen wieder, die keine faire oder befriedigende Lösung zulassen, sondern Unschuldige ans Messer liefern. Wie in der TV-Serie scheint eine Botschaft zu sein, dass der Pfad zur Hölle mit guten Vorsätzen gepflastert ist. So kommt es nicht selten vor, dass – kaum hat man eine Antwort gewählt – diese sogleich bereut. Kämpfe und Handgreiflichkeiten folgen einem weit simpleren Muster, in dem vorgegebene Tastenbefehle zeitnah abgegriffen werden müssen.
So naheliegend aus Marketinggründen die Programmation eines Videospiels ist, so heikel erweist sich die Mission für Telltale Games, denn für eine populäre Marke wie «Game of Thrones« gibt es nichts Schlimmeres als enttäuschte Fans. Doch das Studio ist sich solcherlei Situationen gewohnt, zeichnete es bereits verantwortlich für die gelungene -Game-Umsetzung der Zombie-Erfolgsserie «The Walking Dead». Zu Recht setzt Telltale auf die etablierten Game-Mechaniken, die sich für eine von Intrigen und Kehrtwendungen beherrschten Geschichte perfekt anbieten. Der für die Grafik gewählte Stil erinnert an alte Ölgemälde. Bei manchen Figuren scheint es fast so, dass ihre Haut feine Risse aufweist wie ein verwittertes Portrait aus dem Mittelalter. Was ob der hohen Produktionsqualität etwas irritierend wirkt, ist die steife Gangart der Protagonisten, eine Animationshürde, die andere Entwickler längst hinter sich gelassen haben. Doch bei Telltale hat die gestelzte Motorik schon fast Kultcharakter.