Mund öffnen und aaaah…

Michael Mullers Fotografien in «Haie» sind von atemberaubender Schönheit – und das darf man ruhig zweideutig verstehen. Wer genug ran geht und das Blickfeld von den Bildern ausfüllen lässt, hat fast das Gefühl auf Tauchstation zu gehen.

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Weisser Hai, False Bay, Juni 2012, © Michael Muller

Dieses Buch ist eine Wucht. In typischer XL-Taschen-Manier wird hier nicht gekleckert, sondern geklotzt. Stolze 28 auf 37.2 cm misst das 334 Seiten starke Œuvre von Michael Muller über Haie. Üblicherweise fotografiert Muller andere Zähne – die der Hollywood-Stars und Star-Athleten, die sie bleckend offenbaren. Dieses Mal wagte er sich in die Tiefen vor Südafrika und den Bahamas – teils ohne Käfig, dafür ausgerüstet mit einem auf Grund neuester NASA-Technologie selber entwickelten Beleuchtungssystem mit 1200 Watt starken Blitzköpfen in wasserdichten Gehäusen, für das er mittlerweile das Patent hält.

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Weissspitzen Hochseehai, Cat Island, März 2014, © Michael Muller

Haie zählen zu den wohl am meisten mit Vorurteilen behafteten Tieren der Welt. Peter Benchleys Bestseller «Jaws» und natürlich Steven Spielbergs brillante Verfilmung davon, in unseren Breitengraden bekannt als «Der weisse Hai», haben den schlechten Ruf weiter zementiert. In den frühen Jahren 2000 wandelte sich Benchley vom Saulus zum Paulus und setzte sich für ein besseres Verständnis für die Räuber der Meere ein.

Über einen Zeitraum von zehn Jahren entstand Michael Mullers spektakuläres
Unterwasser-Portfolio mit atemberaubenden Bildern wie der wohl ersten Aufnahme
vom nächtlichen Sprung eines Weissen Hais. Nach Habitaten gegliedert und um
fesselnde Berichte über die Schwierigkeiten und Beinahefehlschläge der einzelnen
Expeditionen ergänzt, folgt dieses Buch Mullers Ozeanabenteuern vom Kleinen
Schwarzspitzenhai und dem Sandtigerhai in Südafrika bis zum Grossen Hammerhai bei
den Bahamas. Wer genug ran geht und das Blickfeld von den Bildern ausfüllen lässt, hat fast das Gefühl auf Tauchstation zu gehen.

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Zitronenhaie, Tiger Beach, November 2014, © Michael Muller

Der Hammerhai, vom dem ein ganzes Rudel das Titelbild des Buches ziert, zählt mit seinem namensgebenden Kopf zu den seltsamsten Tieren – zumindest was sein Aussehen anbelangt. Einen blöden Witz kann man sich aber schnell verkneifen, wenn man das Furcht erregende Gebiss sieht. Grosse Zähne. Mehrreihig. Messerscharf. Immer wieder spektakulär sind auch die Bilder der gigantischen Walhaie, der grössten Fische der Welt, neben denen die Irrelevanz eines Menschen augenfällig wird. Im Reigen von den vielen aufgerissenen Schlündern, die einen nicht gerade zum nächtlichen Schwumm einladen, fällt eine in schwarz-weiss gehaltene Serie auf, die einen katatonischen Schwarzspitzenhai zeigt. Auf dem Rücken liegend, einem Baby gleich lässt er sich von Tauch- und Haiexperte Walter Bernardis in den Armen wiegen. Unglaublich. Kleiner Tipp: Nicht selber versuchen.

«Haie» von Michael Muller ist ein wunderschön gemachtes Coffee-Table-Buch, das sich immer wieder aufs Neue durchblättern lässt und für manche angeregte Konversation sorgen wird, die hoffentlich manches Vorurteil über Haifische zum Guten wenden wird.

Link zum Buch: Michael Muller, Haie, 2016

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