Destiny – Geteiltes Schicksal

Es gibt immer eine Ausnahme der Regel, in unserem Fall heisst sie Destiny. Der Online-First-Person-Shooter hat nicht nur die für Bungie üblichen epischen Dimensionen, sondern ganz viele verschiedene Aspekte, die Destiny zu einem einmaligen Erlebnis machen.

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Das meint der Sean:

Destiny ist ein First Person Shooter (FPS), aber nicht wie jeder andere. Destiny ist Art Rollenspiel. Es geht darum, seinen Guardian auf ein höheres Level zu bringen. Man kann seinem Guardian einen ganz persönlichen Look verpassen. Am Anfang ist es wichtig, so schnell wie möglich besseres Equipment zu kriegen. Aber jetzt zum eigentlichen Punkt, wieso ich überhaupt Destiny spiele. Einer meiner Schulkollegen kam eines Tages zu mir und fragte, ob ich schon von diesem supertollen neuen Game gehört habe. Er sagte, dass es Destiny hiess. Als ich nach Hause kam, fragte ich meinen Vater danach. Wir bekamen ein Code zugeschickt. Soweit so gut, leider war der Code für die X-Box One gedacht, aber da aber mein Kollege eine PS4 hat, musste ich alle Strikes (dreier Multiplayermission) noch einmal und alleine machen.

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Und jetzt kommen wir zu dem Punkt, an dem Sie, liebe Eltern, gut aufpassen sollten. Wenn Sie Ihrem Sohn oder Ihrer Tochter sagen, sie sollen sofort aufhören, zu spielen, weil es Abendessen gibt, lassen Sie ihn oder sie ruhig seine Mission fertig spielen, denn er spielt mit anderen Spielern online. Destiny ist ein Online-Multiplayer-Game, das heisst: Man spielt es eigentlich nie alleine (mehr dazu beim Father).

Wenn man dann einmal auf Level 40 angekommen ist, geht es noch weiter. Es gibt nämlich noch das so genannte Lichtlevel, das höher wird, wenn man besseres Equipment bekommt. Bei dem Equipment gibt es verschiedene Klassen, die auch unterschiedlich gut sind. Es gibt: Rare, Common, Legendary und Exotic. Rare und Common sind nicht so speziell, denn bei Legendary oder Exotic Equipment gibt es so genannte Perks. Ein Perk ist etwas spezielles an der Waffe, dass andere nicht haben. Man kann dieses Equipment auch infusen. Das heisst, dass man eine normale Waffe aufrüsten kann mit einer anderen Waffe, die über ein höheres Lightlevel verfügt. So wird die ursprüngliche Waffe besser und stärker.

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Wie kommt man zum Beispiel an exotisches Gear? Am einfachsten ist es, zum Händler Xur zu gehen. Er kommt jeden Freitag um ein Uhr an und geht um elf Uhr Morgens am Sonntag wieder. Achtung Xur nimmt nur Strangecoins. Dieses Geld findet man, während verschiedenen Einsätzen und ist sehr rar.

Das meint der Father:
Spiele mit einem Pegi-Rating «ab 16 Jahren» gehören eigentlich nicht zur medialen Diät eines Zwölfjährigen. Die Idee hinter Altersempfehlungen: Es gilt, einen möglichen «Schaden» zu verhindern. Sprich: Ausgehend von durchschnittlichen Erfahrungswerten nimmt man an, dass gewisse Gewaltdarstellungen Kinder und Jugendliche überfordern können – in den USA geht die Gefahr mehr von Brustwarzen und nackter Haut aus, wie manche «R»-Ratings bei Filmen verraten. Studien haben aber auch gezeigt, dass Eltern, die selber spielen, sich weniger an die Pegi-Empfehlungen halten als Non-Gamer. Grund: Sie wissen, womit sie es zu tun haben und kennen in der Regel ihre Pappenheimer – damit sind nicht Videospiele gemeint. Computergames zu spielen, ist ein sehr individueller Prozess, weit diskriminierender als z.B. einen Film zu schauen. Ein Spielfilm von 90 bis 120 Minuten Dauer geniesst man passiv, kann sich zurücklehnen und das Geschehen vorbeiziehen lassen. Und nach vergleichsweise kurzer Zeit ist die Sache vorbei.

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Bei einem Videospiel dagegen muss der Spieler etwas leisten, zum Spiel beisteuern, denn erst dann offenbart sich der ludische, der spielerische Teil. Ohne die Leistung des Spielers geschieht in einem Game ebenso wenig, wie wenn man ein Buch einfach öffnet, ohne es zu lesen. Das Spiel erschliesst sich nur dem Spielenden und nicht dessen Zuschauer. Dieser sieht bloss die schillernde Oberfläche.  Ein AAA-Titel wie Destiny ist nicht nach zwei Stunden vorbei, sondern 20, 30 oder mehr. Um sich so lange  mit einem audio-visuellen Inhalt auseinander setzen zu wollen, muss dieser überzeugen und durchswegs eine hohe Qualität bieten. Wenn nun Eltern selber spielen, kennen sie das Game und können es mit den Fähigkeiten sowie (medialen) Erfahrungen  ihrer Kinder besser abgleichen, schliesslich findet der Medienkonsum nicht in einem Vakuum statt, sondern eingebettet in den Alltag, wo er auch begleitet werden sollte.

Destiny ist Fantasy-FPS, dessen Universum etwas an Star Wars erinnert, bevölkert von Wächtern (Guardians) deren Aufgabe es ist, den Traveller, eine gigantische weisse Sphäre vor üblen dunklen Mächten zu beschützen. Der Single-Player-Modus ist denn auch sehr Missions-basiert und jagt den Guardian von einem Planeten zum nächsten, um garstigen Aliens den Garaus zu machen. Die zu spielende Figur ist ein Wächter des Lichts, das einmal mehr aus dem Universum zu verschwinden scheint, weil das Dunkle sich vorkämpft. So weit, so traditionell. Doch ein Spiel lebt nicht in erster Linie von der Geschichte, sondern der Interaktion, den Handlungsmöglichkeiten und derer bietet Destiny viele.

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Ein Shooter steht und fällt mit den Gegnern und deren Künstlichen Intelligenz (KI). Meist verdient das an den Tag gelegte Verhalten diese Bezeichnung nicht, aber bei Destiny ist nebst der Vielfalt an Widersachern, auch deren taktisches Vorgehen von beeindruckender Behändigkeit. Manchmal reicht es, den üblichen Weg zu beschreiten und in Deckung darauf zu warten, bis der künstliche, aber nicht sonderlich intelligente Gegner wieder seinen Kopf hinter der Deckung hervor reckt. Doch oft ist diese traditionelle Vorgehensweise nicht ausreichend, weil die Cyberaliens schlicht warten, bis man selber seine Position verlassen hat oder sie gehen gar zum Angriff über, flankieren einem und setzen gehörig Druck auf. Sie verfügen auch über raffinierte Abwehrmechanismen, die sie phasenweise unangreifbar machen, während sie munter weiter attackieren oder bewegen sich wie die Taken (Bilder unten) unberechenbar ruckartig.

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Die Guardians haben je nach Ausrichtung unterschiedliche Fähigkeiten, die von Blitzschlägen (Warlocks), fliegenden Hämmern (Titans) bis zu Pfeil und Bogen (Hunters) reichen. Es muss also nicht im gängigen Sinne geschossen werden und wenn, so sind die Gegner derart fantastisch, dass selbst jüngere Spieler nicht Gefahr laufen, je zwischen Fiktion und Realität die Grenzen zu verwischen. Bei Destiny geht denn auch weniger die «Belastung» davon aus, sondern von einer Intensität und einem Druck, den gewisse Missionen aufbauen. Es mag zwar «positiver» Stress sein, aber dennoch gerät das Adrenalin in Wallungen und zum Teil ist es echt gruslig, wenn man durch dunkle Gänge pirschen muss und der Bewegungsmelder plötzliche Aktivität in der Finsternis anzeigt. Das Studio Bungie war schliesslich auch verantwortlich für meinen ersten Fall von echter Gänsehaut. Die Game Designer standen damals hinter Apples Antwort auf den PC-Shooter Doom. Marathon hiess der Titel und war ebenfalls ein im Weltall angesiedelter FPS. Auslöser der Gänsehaut waren unsichtbare Gegner, die eben aus dem Nichts auf meine Figur schossen. Das war völlig neu und selbst auf dem winzigen Bildschirm eines Original-Macintosh eine unglaubliche Erfahrung.

Auch in Destiny trifft man immer wieder auf Tarnkappengegner, doch diesmal schillern sie zumindest Predator-mässig etwas und können so halbwegs ausgemacht werden. Die Intensität, die Destiny phasenweise aufbaut, bedingt auch, dass – insbesondere jüngere – Spielende gelegentlich eine Pause einlegen sollten und nicht vor dem Zu-Bett-gehen spielen sollten. Letzteres gilt eigentlich generell für Gaming, da es durchaus emotional aufwühlen kann, was dem Einschlafen nicht sonderlich förderlich ist. Ebenfalls unabhängig vom Inhalt gilt, dass das blaue Lichtspektrum eines Bildschirms wach macht. Darum sollte auch vor dem Zu-Bett-gehen auf Simsen, Chatten und dergleichen verzichtet werden. Doch nun zurück zum geteilten Schicksal.

Destiny mag zwar ein Shooter sein, aber die Settings und Missionen, die zusammen mit anderen Spielern online oder auch im Alleingang online bewältigt werden können, verfügen über einen eine grosse Spieltiefe. Der Umstand, dass es sich um ein Server-basiertes Spiel handelt oder anders gesagt, nur online gespielt werden kann, bedingt eine gute Absprache zwischen dem Spielenden und seiner Familie. Wer online geht, verpflichtet sich, Teil einer Gruppe zu sein und kann nicht einfach aus dem Geschehen aussteigen. Ein Raid oder eine andere Mission dauert durchschnittlich 20 bis 30 Minuten. Wenn also Destiny aufgestartet werden soll, ist es ein Muss, sich zuvor bei den Eltern zu erkundigen, was in der nächsten halben Stunde ansteht. Ist nämlich das Abendessen bereits in 15 Minuten auf dem Tisch, so lohnt ein Abstecher zu den Guardians nicht. Das 500-Millionen-Dollar-Spektakel, das Bungie im Auftrag von Activision uns in den nächsten Jahren weiter auftischen wird, ist jeden Rappen wert, wächst doch das Spielerlebnis mit jedem Update.

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