Nebst Nazis kann man auch Zombies den Kampf ansagen – ohne fahlen Beigeschmack.

Hakenkreuze haben in Games nichts verloren

Bundeskanzlerin Angela Merkel eröffnet die Gamescom. Die Generalsekretärinnen und -sekretäre der Parteien zeigen, dass sie von Games wirklich etwas verstehen. Doch nun läuft die Diskussion um die Akzeptanz von Videospielen als Kulturgut aus dem Ruder: BIU-Präsident Felix Falk hat gefordert, dass das Hakenkreuzverbot für Games fallen soll. 

„Der gesamte BIU-Vorstand freut sich, dass wir mit Felix Falk einen Geschäftsführer für den BIU gewinnen konnten, der besonders hohes Ansehen und Vertrauen in der gesamten Branche wie in der Politik genießt.“ 
DR. MAXIMILIAN SCHENK, GESCHÄFTSFÜHRER BIU

Mit obigem Zitat begrüsste Maximillian Schenk seinen Nachfolger Felix Falk, der im Januar 2017 seinen Job antrat und die Sache – soweit es sich aus Schweizer Distanz beurteilen lässt – gut gemacht hat. Bisherige Highlights – ja, es sind gleich mehrere – seiner jungen BIU-Karriere: Die Eröffnung der Gamescom durch Angela Merkel und der Auftritt der versammelten Generalsekretäre am Gamescom Congress, die ernsthaft Themen wie Gamesförderung und dergleichen diskutierten. Doch nun scheint der Erfolg dem Saxophonisten und ehemaligen USK-Mitarbeiter zu Kopf gestiegen zu sein: Felix Falk forderte im Rahmen der Diskussion “Kulturgut Computerspiel…” im Computerspielemuseum Berlin, dass das Hakenkreuzverbot fallen soll, weil Games längst Kulturgut seien.

Die Abschaffung des Hakenkreuzverbots wünscht sich BIU-Geschäftsführer Felix Falk.

BIU-Geschäftsführer Felix Falk fordert, dass das Hakenkreuzverbot auch bei Games fallen soll.

Meine erste Reaktion auf diese Forderung: Wow, der BIU gibt Gas. Wem bei dieser Formulierung leicht übel wird, der ist auf dem richtigen Weg. Es gibt Dinge – und dazu gehören Swastikas –, die lässt man einfach mal links liegen. Dass es ein solches Verbot überhaupt gibt, hat seine guten Gründe. Wie gut die sind, haben die Ereignisse in Charlottesville, Virginia, USA kürzlich gezeigt.

Wenn nun die Abschaffung des Hakenkreuzverbots zu diesem Zeitpunkt in die aktuelle Kulturgut-Debatte eingebracht wird, muss man sich schon fragen: Gibt es nicht dringlichere Themen, eben wie die Games-Förderung oder die generelle Image-Pflege im Post-Killerspieleverbot-Zeitalter, anzugehen? Dass Computerspiele mehr und mehr auch in Deutschland im Feuilleton besprochen werden und nicht mehr nach primär technischen Kriterien bewertet werden, ist prima und längst überfällig. Doch das Kulturgut Game ist ein junges und zartes Pflänzchen. Denn bei weitem nicht alle Leute sehen das so. Vorzugsweise wird immer noch zwischen Hoch- und Trivialkultur unterschieden, wobei letztere von oben herab belächelt wird. Ebenso verleitet die fatale Forderung Felix Falks – wow, vierfache F-Alliteration, how f-ing great is that? – zu einer unschönen Gleichung: Kultur = Hakenkreuzverbot.

Auch Meinungsäusserungsfreiheit hat ihre Grenzen

Kultur definiert sich wohl über Meinungsäusserungsfreiheit, aber auch diese kennt ihre Grenzen. Die Forderung Falks erweckt insbesondere bei Nicht-Spielenden den Eindruck, dass es sich um ein vordringliches Thema handeln muss, wenn dieses nun in die Diskussion eingebracht wird. Warum sonst würde man darüber sprechen? Doch in wie vielen Games spielen Hakenkreuze überhaupt eine Rolle? Diese kann man – wenn ich mich nicht täusche – an einer Schreinerhand abzählen: Wolfenstein (1981– ), Indiana Jones, The Saboteur (2009) von Electronic Arts uuuund die alten Call of Dutys (2003– ). Sollte ich ein paar vergessen haben, so bitte ich hier um Entschuldigung, aber eben: Werden die Spielerlebnisse durch die Präsenz von Insignien vertieft, die an Faschisten und ihr verqueres Weltbild erinnern? Das wage ich sehr zu bezweifeln. Das Gegenteil dürfte bei differenzierteren Zeitgenossen der Fall sein.

The Saboteur: Hakenkreuze der deutschen Besetzer in Paris.

In «The Saboteur» (2009) haben Nazis Paris besetzt.

Diese Nazis bekam man nie zu Gesicht: Indiana Jones and the Shade of Odysseus.

Indiana Jones and the Shade of Odysseus wurde gemäss Adventure Corner nie veröffentlicht.

Ich habe absolut keine Mühe mit Shootern wie Destiny, Doom, Halo, Call of Duty – Modern Warfare, Overwatch und Co. Doch wenn Bezüge zu historischen Gegebenheiten gemacht werden wie in den früheren CoD-Versionen sowie der kommenden, in Battlefield 1 oder noch schwieriger Army of Two, dann passe ich lieber. Das ist keine Kritik am Gameplay, sondern lediglich eine persönliche Präferenz. Ich brauche diesen Pseudorealismus nicht und mag nicht mit Dingen spielen, die mich ans Leid von anderen Menschen erinnern. Da macht sich ein fahler Geschmack im Mund breit. In Call of Duty und Co. geht es nicht um eine adäquate Wiedergabe der historischen Gegebenheiten, sondern um Unterhaltung, Action und Wettbewerb. Da ist okay, aber der Anspruch auf Authentizität in diesem Zusammenhang ist schlicht schlechter Geschmack.

2014 nahm sich Salon kurz dem Thema von Nazis in Games an und empfahl einen sehr zurückhaltenden Umgang mit der heiklen Thematik. Auch wurde darauf hingewiesen, dass im Zeitalter von Konsolenspielen ziemlich konsequent auf die entsprechende Symbolik verzichtet wurde. Der Beitrag endete mit der Gamer-Erkenntnis: «Zombies are the new Nazis». Mit der kann ich bestens leben.

Nebst Nazis kann man auch Zombies den Kampf ansagen – ohne fahlen Beigeschmack.

Zombies are the new nazis – Call of Duty: World at War.

Wenn Felix Falk dank der sich langsam, aber sicher durchsetzenden Erkenntnis, dass Games Kulturgut sind, dazu bewogen fühlt, das Hakenkreuzverbot in Games abzuschaffen, dann spielt er den Ball in die falsche Richtung und vor allem in die Hände von Ewiggestrigen, die noch heute Faschismus und Rassismus unterstützen. Hakenkreuze haben in Videospielen soviel Dringlichkeit wie eine Nacktschnecke im Salatteller. Keine.

 

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