Mehr Platz für den Master Chief

Playstation 4 und Xbox One verkaufen sich besser als ihre Vorgänger, doch die Videospielkonsolen kämpfen mit Speicherplatzproblemen. Die Industrie droht ihr Erfolgsmodell selber kaputt zu machen.

Es hat Tradition. Jede Spielkonsolengeneration wird von einem Grundrauschen aus Unkenrufen begleitet: «Das ist die letzte Konsole… Das Geschäftsmodell ist veraltet. Die Zukunft gehört dem PC… der Set-Top-Box… der Cloud…» Der Erfolg der aktuellen Generation, die seit bald zwei Jahren auf dem Markt ist, hat die Schwarzmaler Lügen gestraft. Selbst Sony zeigte sich anlässlich des 20. Geburtstags der Playstation im September dieses Jahres überrascht wie gut sich die Playstation 4 verkauft: «Wir hatten im laufenden Geschäftsjahr mit 5 Millionen Einheiten bis zu diesem Zeitpunkt gerechnet, nun haben wir bereits 7 Millionen verkauft», sagte Shuhei Yoshida, Präsident Sony Computer Entertainment Studios Worldwide. «Die PS4 geht von allen Playstation-Modellen am schnellsten über den Ladentisch.»ShuheiYoshida

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Diesen Umstand bekommt insbesondere Microsoft zu spüren. Während Sony bis dato über 25 Millionen PS4 verkauft hat, fand die Xbox One bloss die Hälfte der Käufer, aber immer noch mehr als das populäre Vorgängermodell Xbox 360 im gleichen Zeitraum. «Wir müssen aufholen», stellt denn auch Neil Thompson, Microsofts Verkaufschef für die EMEA-Region fest und erklärt, dass seit dem Erfolg der Xbox 360, das Konsolenbusiness stärker in die Gesamtstrategie des Unternehmens eingebunden wurde. «Die Integration von Windows 10 in die Konsolenarchitektur nahm Zeit in Anspruch», sagt Thompson und verweist auf die Möglichkeit, dass Xbox-One-Spieler ab November gegen PC-Gamer antreten können. Zentral dabei ist die Cloud-Technologie und natürlich die nahe verwandten Betriebssysteme, die auf Microsofts verschiedenen Plattformen laufen. So können Xbox-One-Titel auf ein Windows-Tablet oder einen PC gestreamt und auch von dort aus gespielt werden.

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In Anbetracht der immer fliessenderen Grenzen zwischen den Plattformen stellt sich zu Recht die Frage nach der Zukunft des Konsolenmodells. Vermag es unter den gegebenen Umständen weiter zu bestehen? Das Hauptverkaufsargument für Spielkonsolen ist deren Bedienungsfreundlichkeit. «Plug’n’Play – anschliessen und spielen» heisst das Versprechen. Konsolen verfügen über einen durchschnittlichen Lebenszyklus von 5 bis 7 Jahren. In dieser Zeit orientieren sich die Spiele-Software-Hersteller an der standardisierten Hardware, kitzeln aus ihr das Maximum an Leistung heraus. Der Nutzer muss sich nicht um System-Versionen, Speicherplatz und Kompatibilitätsfragen kümmern. Er braucht nur das Spiel zur passenden Konsole zu kaufen und los geht’s.

Doch gerade diese Benutzerfreundlichkeit ist in den letzten Monaten arg unter die Räder gekommen. Sowohl Playstation 4 als auch Xbox One sind mit 500 Gigabyte-Hard-Disks ausgerüstet. Das sollte für eine Weile reichen, denkt man. Wer aber gerne und diverse Titel spielt, kommt bald einmal die Fehlermeldung zu lesen, dass nicht genügend Platz vorhanden sei, um das neue Spiel zu installieren. So muss man sich schweren Herzens von «alten» Games trennen. Glücklich können sich diejenigen schätzen, die nicht zu den Pionieren gehörten: Sie können sowohl bei Playstation als auch Xbox One seit dem Sommer zwischen einer 500 GB oder 1 TB Version wählen. Den «early adopters» bleibt die Option, einer Umbauanleitung der PS4 zu folgen und die «kleine» HDD mit einer 2 oder 4 TB HDD auszuwechseln. Solche Basteleien waren früher den PC-Gamern vorbehalten, die ihren Spass daran hatten, das Maximum aus ihren Büchsen zu holen und da sowie dort ein Schräubchen anzogen, um die Leistung zu optimieren. Bei der Xbox One kann eine externe HDD über USB 3.0 angeschlossen werden, was wiederum mit Kosten verbunden ist.

Doch damit nicht genug. Wurde früher stets darauf gepocht, dass man bei Konsolen keine Wartezeiten erdulden muss, zieht sich die Installation eines neuen Videospiels – auch mit Glasfaser-Anbindung – schnell mal eine Stunde hin, gefolgt von Updates, die wiederum dauern. Wer von digitalen Vertriebswegen profitiert, muss sich oft noch mehr gedulden und eine rein digitale Installation beansprucht mehr Platz auf der Harddisk als eine ab Blu-Ray-Disc.

Diese Problematik wird sich in den kommenden Wochen für passionierte Gamer verschärfen, wollen doch alle Game-Studios vom Weihnachtsgeschäft profitieren und grosse Titel wie «Fallout 4», «Call of Duty: Black Ops 3» und andere mehr stehen in den Startlöchern. Vielleicht noch etwas mehr ins Schleudern werden Xbox-One-Kunden geraten, denn Microsoft hat endlich die Bremse gelöst und gibt nun mit exklusiven Veröffentlichungen Vollgas. Nach dem populären Renntitel «Forza Motorsports 6», das seit Mitte September mit über 450 verschiedenen Automodellen aufwartet, kehrt am 13. November Lara Croft in «Rise of the Tomb Raider» zurück und eben hat der Master Chief nach drei Jahren Urlaub in «Halo 5 – Guardians» seinen Dienst wieder angetreten.

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Der Super-Weltraum-Marine-Soldat wählt in seinem fünften Abenteuer einen eher eigentümlichen Weg: Er missachtet direkte Befehle und setzt sich ab. Dem Deserteur und seinen Gefolgsleuten wird eine Gruppe schwerbewaffeneter Kollegen nach geschickt mit dem Auftrag, ihn zurückzuholen. Master Chief folgt dem Ruf von Cortana, der künstlichen Intelligenz, die ihn in der Vergangenheit begleitet hat. Sie führt ihn auf ferne Planeten und mitten in Scharmützel mit feindlichen Covenant-Truppen und dem Warden Eternal, einem übermächtigen Kämpfer, der scheinbar im Auftrag Cortanas handelt. Im Verlauf der verwirrenden Geschichte aktivieren sich die titelgebenden Guardians, gigantische Raumschiffe, die in der Lage sind, ganze Welten zu zerstören, und plötzlich erhält der von Cortana angekündigte «Friede» eine gefährliche Dimension.

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Wohl seit James Camerons Spielfilm «Avatar» (2009) hat man nicht mehr so üppige Vegetation auf fremden Planeten gesehen. Sie bildet den nötigen Kontrast zu den aalglatten High-Tech-Oberflächen, die von der Gegenwart intelligenter Lebensformen zeugen. Verwinkelte Konstrukte, die sich über mehrere Ebenen erstrecken, zwischen denen hin- und hergesprungen werden kann, um die optimale Schützenposition und Deckung zu erreichen, gehören zu den Markenzeichen der Halo-Serie. Ihre komplexe Geschichte erstreckt sich inzwischen über Bücher, Comics, Animations- und Live-Action-Filme. Wer eine Halo-5-Sonderedition der Xbox One erwirbt, deren Hülle sich am High-Tech-Design von Halo orientiert und die mit einer 1-Terabyte-Hard-Disk bestückt ist, kriegt gleich die Animationsfilmserie «Halo – The Fall of Reach» und weitere Fan-Extras mitgeliefert.

Microsoft hat das Rennen um die Marktdominanz im Konsolengeschäft wieder aufgenommen und feuert aus allen Rohren. Ob sich der Vorsprung, den Sonys Playstation 4 aufgebaut hat, wettmachen lässt, werden die kommenden Monate und insbesondere die Integration von Virtual- und Augmented-Reality-Anwendungen zeigen.

 

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