E3 2016 – Preshow Electronic Arts und Bethesda

Im Vorfeld der diesjährigen E3 wurde verschiedentlich in den Medien darauf hingewiesen, dass die Messe ein Auslaufmodell sei, dass sie an Bedeutung verloren habe. Zur Begründung wurde ins Feld geführt, dass die Schwergewichte Activision und Electronic Arts nicht daran teilnehmen würden. Doch genauer betrachtet ist das Gegenteil der Fall (siehe letzten Blog-Eintrag).

Mehr Leute denn je interessieren sich für den Games-Markt, sind doch dessen Entwicklungen wegweisend für viele verschiedene Sektoren und – im Vergleich zu den übrigen Unterhaltungsmedien – kann sich das Geschäft mit Computerspielen eines kontinuierlichen Wachstums erfreuen.

Kommt hinzu, dass EA gar nicht mit Abwesenheit glänzt, sondern sich vielmehr für die nächsten Tage im Novo, gleich neben dem Convention Center, wo die E3 stattfinden wird, eingemietet hat und dort das kommende Line-up präsentiert, das nicht viel innovatives bietet, sondern primär bestehende Bestseller-Brands wie NFL, NHL und Fifa weiter perfektioniert. Entsprechend verhalten war der Applaus der geladenen Gäste. Einzig die jüngste Ausgabe aus der Battlefield-Serie, «Battlefield 1», wartet mit etwas überraschendem auf und Titanfall 2 wirkt einiges expliziter.

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Bei Battlefield 1 lassen sich gigantische Luftschiffe wie Zeppeline und Flugzeuge steuern, flinke Pferde können auch geritten werden. Das ist ein eindrückliches Spektrum für einen vormals klassischen Egoshooter. Wie die FPS-Gemeinde darauf reagieren wird, wird sich weisen, doch «Red Dead Redemption» hat in Sachen Knarren und Pferde gute Vorarbeit geleistet und die Warteschlange am Sonntag war derart, dass der Schreibende die Übung vorzeitig abbrach.

Dafür war das Hands-on bei «NHL17» umso erfreulicher, das flüssig läuft und noch natürlicher wirkt. In enger Zusammenarbeit mit der Game Changer Gruppe, einer Gruppe von sehr ambitionierten und engagierten Spielern, hat EA das schnelle Spiel weiter optimiert und um Optionen wie Stadionbauer – das hat nichts mit Gemüse zu tun – und einem Komplettmanagement-Modus ergänzt. Mehr dazu später.

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Ebenfalls blitzschnell und – wenn die Erinnerung nicht täuscht – wesentlich brutaler kommt Titanfall 2 daher. Das Blut spritzt, die Brocken fliegen. Wenn diese Art von Grafik auffällt, ist das in der Regel kein gutes Zeichen. Sie wirkt aufgesetzt und hat einen ähnlichen Effekt wie bei einem unausgewogenen Amore, bei dem die Alkoholnote obenaus schwingt. Man will mit den bad boys spielen, aber hat noch nicht wirklich deren Raffinement. Respawn zielt wohl darauf ab, Spieler des «Gears of War»-Universums, das stets mit einem gewissen Gore-Anteil kokettierte, zu gewinnen.

Überraschend, aber irgendwie doch nicht, war die Ankündigung des Indie-Unterstützungsprogramms «EA Originals», das mit «Fe» einen hübschen Titel zeigte, der gerade so gut aus der Schweiz und nicht Schweden hätte stammen können. Optisch präsentierte Fe sich als eine Mischung aus Feist und Ori and the Blind Forest. Auch wenn das Gezeigte äusserst solide gemacht war, innovativ ist es nicht. EA baut auf bekannte Marken wie Star Wars, Fifa oder selber etablierte wie Mass Effect, von dem ein eindrücklicher Trailer gezeigt wurde. Mit der Einführung des EA-Originals-Programms erhofft sich der einst grösste Game-Publisher neue Impulse. Von solchen kann EA bestimmt profitieren.

Viel Herz- und anderes Blut

Mit mehr Herz- und viel anderem Blut spielte Bethesda die Pre-E3-Show. Hier wurde im Old-School-Stil Vollgas gegeben und der Spass von Games zelebriert. Bethesda kann auch mit Fallout 4 und dem von 50 Millionen gespielten Handy-Ableger Fallout Shelter sowie dem eben geglückten Relaunch von Doom auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken. Geschickt werden auch die Fans in solche Events eingebunden. Sie sorgen für Stimmung und fühlen sich von «ihrer» Firma ernst genommen, die ihnen auch auf der grossen Leinwand mit Fan-Videos eine Plattform gibt.

Bethesdas Zielpublikum sind engangierte Gamer. Mit ihren Rollenspielen und FPS sprechen sie ein leidenschaftliches Publikum an, das nicht bloss bereit ist Zeit, sondern auch Geld ins Hobby zu investieren. Das dürfte für Quake-Spieler der Fall sein, denn der Relaunch der legendären Marke soll mit 120 Bildern pro Sekunde laufen. Das schluckt kaum ein aktueller Grafikprozessor. Die PC-Industrie wird es freuen, die in den letzten Jahren unter dem Aufkommen von Tablets, Hybriden wie Surface und dergleichen gelitten hat.

Der Erfolg des digitalen Kartenspiels Hearthstone von Blizzard, das rund 20 Millionen Spieler regelmässig anzieht, ruft natürlich Nachahmer auf den Plan. Im Falle von Bethesda heisst der Titel Elder Scrolls Legends. Das Strategy Card Game wird Cross-Platform spielbar sein.

Was 2012 mit einer Demo auf Doom begann, wird im Cyberspace von Doom fortgesetzt: Der berüchtigte Shooter wird in einer VR-Variante auf HTC Vive spielbar sein. Leider konnte auch dieser viel versprechende Titel nicht angespielt werden, da die Warteschlange Erinnerungen an die US-Immigration wach rief.

Weit zugänglicher war hingegen der Auftritt der US-Punk-Band Blink 182. Drummer Travis Barker, dessen Bühnenpräsenz immer dominanter wird, ist ein Spektakel für sich und lässt die limitierten Songschreiberfähigkeiten vergessen. Das kommende Album «California», dessen Tour Blink 182 an der Bethesda Party starteten, verspricht aber etwas abwechslungsreicher zu sein.

Für mörderische Abwechslung dürfte «Dishonored 2» sorgen. Der von Arkane Studios zum Teil in Lyon entwickelte Titel, der im Steampunk-Zeitalter angesiedelt ist, verströmt eine leis gruselig-beklemmende Atmosphäre. Als Veröffentlichungstermin ist der 11. November angekündigt.

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Das kommende Portfolio von Bethesda ist kein breit gefächertes. Doch die Titel, die vorgestellt wurden, überzeugen wie bei EA mit einer hohen Qualität. Der Eindruck aber besteht, dass die Fans von Doom, Quake und Co. einen Tick engagierter sind, als die Fans von «gesitteteren» Titeln wie Fifa, Battlefield und Titanfall, auch wenn beim letzten mehr Gas gegeben wird.

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